Visualisieren mit Stift

Zwar machen alle Schüler/innen im Laufe ihrer Schulzeit Dutzende Plakate – aber haben sie auch jemals gelernt, wie man diese wirkungsvoll gestaltet? Wir leben in einer enorm visuell geprägten Welt und entsprechend wichtig ist die Kompetenz, sich auf mit visuellen Mitteln ausdrücken zu können. Das Gestalten eines wirkungsvollen Plakats oder das visuelle Notieren von Gedanken ist keine Frage des Talents, sondern viel mehr Übungssache.

Einführung im Unterricht

1. Doppellektion: Visuelles Alphabet

Über eine kurze Unterrichtsreihe lernen die Schüler/innen mit einem Kartenset einfache Techniken kennen, um wirkungsvolle Plakate zu gestalten. In einer ersten Phase werden die Schülerinnen mit dem visuellen Alphabet vertraut – sie sehen, dass auch ohne spezielles zeichnerisches Talent wirkungsvolle Illustrationen erstellt werden können. Immer nach 10 min werden die Tische gewechselt. Den Schüler/innen ist dabei freigestellt, ob sie auf Papier oder mit den Tablet arbeiten. An mindestens zwei Posten müssen sie mit der jeweils anderen Technik arbeiten.

Nach dem letzten Posten betrachten die Schüler/innen ihre Zeichnung und entscheiden sich für drei Zeichnungen, die sie für eine gemeinsame Ausstellung beisteuern. Gemeinsam werden die Werke betrachtet und besprochen:

  • Welche Tricks bewähren sich? Welche Erkenntnisse gab es?
  • Was hat Mühe gemacht? 
  • Wird die analoge oder die dgitale Arbeitsweise bevorzugt? Welcher Vorteil hat das digitale Vorgehen?

2./3. Doppellektion: Plakatgestaltung

In einem zweiten Schritt geht es dann mehr um die Idee, die Gestaltung und die Struktur eines Plakats. Dabei können entsprechende Aufgabenkarten genutzt werden, idealerweise verknüpft man die Arbeit aber gerade mit einem aktuellen Unterrichtsthema. 

Ablauf:

  • Zum Einwärmen können nochmals ein paar Karten verteilt werden, die als Vorlage für Skizzen verwendet werden. (5′)
  • Die Schülerinnen setzen sich anschliessend zu Dreiergruppen zusammen. Die Gruppen erhalten Kärtchen mit Begriffen, zu denen sie Icons und Symbole zeichnen müssen. Die Bildideen werden gemeinsam entwickelt und ausgeführt. In der Auswertungsrunde wird versucht Bedeutung der Zeichnungen zu erraten. Dabei werden nochmals die Erkenntnisse aus der letzten Lektion aufgefrischt. (15′)
  • Die Gruppen erhalten einen Auftrag für ein Plakat (z.B. zu einem aktuellen Unterrichtsthema, einen Schulanlass…). Die Gruppenmitglieder übelegen sich, wie sich das Thema visuell umsetzen lässt und macht einen einfachen Entwurf. Damit alle Gruppenmitglieder beschäftigt sind, werden die verschiedenen Elemente (Titel, Illustrationen, Informationsrahmen) einzeln angefertigt, ausgeschnitten und auf dem Entwurf platziert. (20′)
  • Die Entwürfe werden gemeinsam besprochen. Dabei erklärt die Gruppe zuerst ihre Überlegungen und erhält anschliessend von den anderen Gruppen ein Feedback:
    • Wie übersichtlich ist das Plakat? Ist die Struktur hilfreich? Wirkt es auf die Ferne?
    • Wie kommt die Kernbotschaft rüber? Welche Story wird erzählt?
    • Wie wirken die Illustrationen? Passen sie zum Thema und erreichen sie die Zielgruppe?
  • Ausgehend von den Feedbacks wird nun das Plakat überarbeitet. Alternativ dazu kann auch direkt mit den Aufgabenkarten individuell gearbeitet werden.

Die Aufgabenkarten liefern Anregungen, um anhand von konkreten Projekten gestalterische Erfahrungen zu sammeln. Damit die Auswahl an Aufgaben genug gross ist müsste mindestens ein drei- bis vierfacher Satz kopiert werden.

Für die künftigen Visualisierungsaufgaben erhalten die Schüler/innen eine einfache Broschüre mit Tipps und Anschauungsbeispielen:


Selbstlernkurs online

Ausgehend von den oben erwähnten Materialen wurde ein Onlinekurs entwickelt, mit dem die Schüler/innen das Visualisieren auch in einem Fernlernsetting lernen können.

Onlinekurs Visualisieren mit Stift

Momentan besteht der Kurs aus drei Lerneinheiten:

  1. Einstieg: Visuelles Alphabet
    Zeichnerische Grundlagen wie Symbole, Figuren, Container, Verbindungen
  2. Plakatgestaltung
    Gestalterische Grundlagen, Layouts, Farbgebung
  3. Sketchnoting
    Zeichnend notieren

Jede Lerneinheit wird jeweils durch ein kurzes Video eingeführt. Neben dem Erlernen der zeichnerischen Grundtechniken stehen v.a. die gestalterischen Aspekte im Zentrum.


Analog vs. digital

Das digitale Visualisieren mit einem geeigneten Stift kann gegenüber dem analogen Vorgehen wesentliche Vorteile haben: Schritte lassen sich rückgängig machen, Elemente lassen sich nachträglich verschieben oder skalieren und über die Ebenenfunktion kann das Bild schichtweise aufgebaut werden. Ziel kann aber nicht sein, die digitale gegen die analoge Arbeitsweise auszuspielen. Medienkompetenz heisst nicht, dass man alles nur noch digital erledigt. Vielmehr geht es darum, dass die Schüler/innen eine Entscheidungsgrundlagen haben für das eine oder andere Vorgehen und dass sie bei Bedarf die beiden Vorgehensweisen miteinander verschränken können. So könnte der Entwurf zwar digital erstellt werden, das Plakat wird dann aber über eine Projektion mit dem Beamer mit Filzstift in der erforderlichen Grösse gestaltet oder ein analog erstellte Sketchnote wird mit der Kamera aufgenommen und in ein e-Portfolio eingefügt.

Stifte

Für die Arbeit an Plakaten und Flips bewähren sich die Stifte von Neuland. Ich werde Stifte dabei haben, damit du dir ein Bild machen kannst. Falls Sie Stifte im Voraus bestellen möchten wäre das ein mögliches Minimalset:

  • BigOne (schwarz-permanent*, kaltgrau, gelb, evt. rot, blau, grün, für grossflächiges Gestalten)
  • No.One (schwarz permanent*, für Texte)
  • Nachfülltinten

*die permanenten schwarzen Stifte haben einen orangen Schaft.

Geeignete Apps:

Tayasui Sketches Pro
Meine absolute Lieblingsapp: Intuitive Bedienung und  wunderschöne Werkzeuge.
Mit der Ebenenfunktion und den Mischmodi (z.B. Mulitplizieren) hast du zudem ein mächtiges Werkzeug, für ausgefeilte Illustrationen zur Hand. Leider nicht ganz gratis (5 Fr), aber trotzdem jeden Rappen wert…
> Tutorials (für Gratisapp)
Website des Herstellers mit hervorragender Hilfe


Sketchbook
Eine aufgeräumte und doch überaus leistungsfähige Zeichnungsapp, die auch mehrere Ebenen unterstützt. Zwar ist sie nicht gleich intuitiv zu bedienen wie Sketches Pro, dafür ist sie gratis. Sie ist für iOS, Android und Windows erhältlich.
Website des Herstellers
> Tipps und Anleitungen


Adobe Fresco
Sehr einfaches und doch mächtiges Tool, das auch die Arbeit mit mehreren Ebenen unterstützt. Die App zeichnet sich v.a. auch durch sehr schöne und realitätsnahe Werkzeug aus. Für die Nutzung wird ein (Gratis-)Account benötigt, Premiumfunktionen sind kostenpflichtig.
Website des Herstellers


Concepts

Im Gegensatz zu den meisten anderen Zeichenprogrammen ist Concepts.app vektorpasiert und somit lassen sich Objekte beliebig skalieren. Gleichzeitig hat man aber auch alle Gestaltungsmöglichkeiten von pixelbasierten Programmen wie Aquarellfarbe oder Bleistiftstriche. Obwohl die App grundsätzlich benutzerfreundlich ist, braucht es einiges an Übung, bis man wirklich produktiv damit arbeitet.
Die App ist aber eine hervorragende Hilfe-Funktion:  https://concepts.app/de/ios/support


OneNote
Die eierlegende Wollmilchsau. Vielleicht nicht optimal für reine Visualiserungen, aber definitiv für Sketchnotes oder Notizen und Dokumentationen aller Art. V.a. die mächtigen Verwaltungsfunktionen machen die App zu einem untentbehrlichen Tools fürs persönliche Wissensmanagement.
> Einführung in die Zeichnungsfunktion 


GoodNotes
Goodnotes ist eine geniale Notizapp. Mit einem geeigneten Stift sind handschriftliche Notizen kinderleicht. Du kannst aber auch bestehende Dateien, z.B. PDFs mit Markierungen und Notizen anreichern oder Skizzen und Sketchnotes anlegen.
> Seite des Herstellers
> Einführungstutorials


Anwendungsbeispiele

Visuelles Tagebuch

Die Fortschritte beim Visualisieren werden in einem visuellen Tagebuch dokumentiert. Das kann rein analog geschehen. In der digitalen Version können die Ergebnisse und Prozessschritte allerdings noch besser in einen Kontext gestellt werden (Links zu Ressourcen, Überlegungen als Audiomemo…). Ein sehr niederschwelliges Tool hierfür wäre z.B. der Book Creator, nicht zuletzt, weil sich die eBooks in der Onlineversion mit anderen Personen sehr einfach teilen lassen. Auch OneNote eignet sich dank der mächtigen Verwaltungs- und Strukturierungsmöglichkeiten sehr gut als Grundlage für ein digitales Tagebuch.

Plakat gestalten

Die Lernenden setzen sich mit einem Thema auseinander und dokumentieren ihre Erkenntnisse mit einem Plakat. In einem Fernlernsetting wird das Plakat als Foto eingereicht. Die Lehrperson stellt die Werke der Lernenden auf einer Pinnwand zusammen. Anschliessend geben sich die Lernenden über die Kommentarfunktion gegenseitig Feedback.  

Sketchnotes

Einen live erzählten Sachverhalt als Sketchnote festhalten, braucht sehr viel Übung. Ein guter Einstieg sind deshalb kurze Erklärvideos (z.B. Clip und klar!), weil diese immer wieder unterbrochen werden können. Anfänglich werden die Sketchnotes auch noch ziemlich textlastig sein, mit der Zeit wird man mutiger und freier. Für die eigenen Fortschritte ist der Austausch mit anderen sehr wichtig: Wie gehen andere vor? Was steht bei ihnen im Zentrum? Was macht Schwierigkeiten? Welche Tricks und Hacks bewähren sich?
Die Ergebnisse der Lernenden können für den gegenseitigen Austausch online dokumentiert werden (z.B. Padlet, Google Slides, Powerpoint, …) – Feedbacks werden über die Kommentarfunktion oder die Präsentationsnotizen gegeben. 

Erklärvideo produzieren

Einen Sachverhalt mit einem Legefilm zu erklären, ist ein vielschichtiges Lernarrangement: Von der inhaltlichen Auseinandersetzung (Recherche, Strukturierung des Inhalts, roter Faden) über die filmische Umsetzung (Illustrationen, Technik) bis hin zu überfachlichen Aspekten (Zusammenarbeit im Team: Arbeitsplanung, Kompromisse aushandeln, Arbeit aufteilen, …) werden unterschiedlichste Kompetenzen gefördert. Die Motivation könnte allenfalls durch die Teilnahme am Lernfilm-Festival gesteigert werden.
> weitere Infos zu Erklärvideos


Beurteilung

Für die Motivation der Lernenden ist entscheidend, dass sie bereits beim Auftrag die Kriterien für eine allfällige Beurteilung kennen.

Inhaltliche Kriterien

  • Relevanz (das zentralen Aspekte sind gut erfasst)
  • Sachverhalte sind verständlich und korrekt wiedergegeben
  • Das Thema ist umfassend abgedeckt
  • Visualisierungen sind aussagekräftig
  • eine persönliche Auseinandersetzung und Eigenleistung ist ersichtlich

Formale Kriterien

  • sinnvolles Layout
  • Klarheit (übersichtliche, klare Struktur, Sinneinheiten ersichtlich)
  • Konstanz (Gleiches gleich gestalten, gezielter Einsatz der Farbe)
  • Kontrast (gute Erkennbarkeit aus Distanz, klare Unterscheidung zwischen Titel und Texten)
  • Sorgfalt (Bildqualität, Leserlichkeit)
  • fehlerfrei

Für die formative Beurteilung sind zudem klare Anforderungen für den Prozess zu definieren. Je nach Anforderungsniveau brauchen die Lernenden entsprechend intensive Begleitung und Unterstützung.


Literaturtipps und Links

UZMO – Denken mit dem Stift
Standardwerk zur Visualisierung mit zeichnerischen Mitteln
Sketchnotes – visuelle Notizen für alles
Einfache und praxistaugliche Einführung in die Visualiserungstechniken

Linkliste der Kurse

Externer Link: https://www.schabi.ch/c/visualisieren

Links zu Sketchnoting

Videos

Inspiration

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

11 − eins =